Mütter sind nicht nur Gebärende, sondern auch Schöpferinnen einer Familie. Bjørg, du warst ein strahlendes Beispiel dafür. Mit weißen Haaren, die sich langsam zur 90er Marke bewegen und zitternden Händen beim Greifen der Kaffeetasse, wächst die Angst, sich selbst zu verlieren, mit jedem Besuch und jedem Gespräch.
Ein Blick zurück in deine Vierziger, auf das Armband, das du immer trugst, und den Duft blauer Javabohnen aus deinem Kaffee, den ich nun jeden Morgen aufbrühe.
Die Frau, die du in deinen späten 30ern und frühen 40ern warst – mit dunkelbraunem Haar und azurblauen Augen – ist nicht verloren gegangen, auch wenn es sich vielleicht manchmal so anfühlt. Deine Präsenz und Einfluss sind in meinem Herzen und Verstand für immer verankert.
Wie viele anonyme und unbekannte Mütter hast du gelebt, um als Lichtquelle für andere zu dienen, anstatt im Rampenlicht zu stehen. Dein Vermächtnis ist im kostbarsten Buch gesichert: den Seiten des Lebens selbst, in den Leben aller um dich herum.
Dein herzhaftes Lachen und bezauberndes Kichern, wenn du eine Situation mit einem neuen Blickwinkel betrachtest, bleiben unvergesslich. Deine scharfen und zeitlich abgestimmten Kommentare haben immer dafür gesorgt, dass wir lachen mussten. Du könntest problemlos in den „Golden Girls“ mitspielen, aber aktuell schreibst du alle deine eigenen Witze.
Du bleibst der Leuchtturm und das Licht in meinem Leben. Schon von unseren frühesten Begegnungen, von denen du mir als Kind erzählt hast, habe ich es geliebt, dein weiches Ohrläppchen zu halten. Deine Sommerbräune und die zarte Halskette, die deine Schlüsselbeine betonte, sind Orte voller Sicherheit und Wärme aus meiner Kindheit. Mütter wie du erschaffen zwei Welten: die Welt der Verantwortung für Erwachsene und unsere private Welt voller Nähe und Träume.
Zur Schlafenszeit saßen wir an meinem Bett und hielten uns an den Händen. Du sangst melancholische nordische Schlaflieder, die meine Augen noch immer zum Tränen bringen und mich in die Dunkelheit des Schlafzimmers zurückversetzen. Trotzdem hast du mir Tausende von Erinnerungen geschenkt, die mir nie genommen werden können.
Die Jahre des Kampfes gegen deine Krankheit waren hart. Ich erinnere mich an deine bleiche Erscheinung in deinen Vierzigern, an die Zeit, die du im Bett verbracht hast und an die Schmerzen, die dich überfluteten. Die Distanz zwischen uns wuchs mit deiner Krankheit, aber du hast hart um dein Leben gekämpft und gewonnen.
Selbst wenn uns das Leben räumlich getrennt hat, bleibt unsere Verbindung bestehen. Du schickst mir poetische „Briefe“ (auch bekannt als Textnachrichten) über dein Leben nach fast 70 Jahren mit Papa. Deine Worte reflektieren die Weisheit und Gelassenheit, die du im Alter erreicht hast.
In deinen ersten 10 Lebensjahren hattest du Krieg, Gewalt, Sucht, Scheidung und Verlassenwerden überstanden. 1945 mag der Krieg geendet haben, aber die Gewalt und Sucht in deinem Umfeld blieben. Ich bin in Sicherheit, Freundlichkeit, Liebe und Fürsorge aufgewachsen, dank der Familie, die du gegründet hast.
Deine Anstrengungen und Fürsorge haben unser Zuhause geprägt. Gebügelte Bettwäsche, saubere Spiegel und glänzende Böden waren ein Zeichen deiner Ethik und deiner Werte. Dein Zuhause war ein Ort der Geborgenheit und Fürsorge.
Du warst eine scharfsinnige Beobachterin der menschlichen Natur, aber hast deine eigenen Stärken oft übersehen. Du hast hart gearbeitet, ein Unternehmen geführt und für die Emanzipation von Frauen gekämpft. Deine Kreativität hat sich in sichere Rückzugsorte für Frauen verwandelt. Dein Pioniergeist und dein Engagement für die Stärkung von Frauen bleiben eine Inspiration.
Du hast mir beigebracht, offen und mit einem weichen Herzen durchs Leben zu gehen. Deine Worte der Weisheit und Einsicht haben mich geprägt. Wie hast du das nach all den traumatischen Erfahrungen geschafft, die du gemacht hast?
Wenn eine Mutter stirbt, verblasst die Welt nicht an Liebe, denn die Liebe, die sie im Laufe ihres Lebens verschenkt hat, bleibt für immer bestehen. Deine Liebe und Fürsorge prägen mein Leben auch in deiner Abwesenheit.